Schlaf ist oft die beste Medizin, weiß nicht nur der Volksmund. Auch die Forschung ist sich einig, dass ausreichend Schlaf für die gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen wichtig ist.1 Aber wie viel Schlafbedarf haben Kinder? Warum schlafen einige schlecht und was kann man dagegen tun? Antworten auf diese Fragen und Tipps für besseren Schlaf finden Sie hier.
Warum ist Schlaf so wichtig für Kinder?
Schlaf ist für Kinder mehr als nur Erholung. In den ersten Lebensjahren spielt er eine entscheidende Rolle für die Entwicklung und das Wachstum. Während des Schlafs verarbeitet das Gehirn die Eindrücke des Tages und bildet sogenannte Synapsen – Verbindungen zwischen den Nervenzellen – aus. Diese Verbindungen sind entscheidend, denn je mehr davon entstehen, desto besser kann Ihr Kind Gelerntes festigen und neue Eindrücke verarbeiten.1
Im Tiefschlaf schüttet der Körper Wachstumshormone aus, die die körperliche Entwicklung fördern. Schlaf ist also nicht nur Erholung, sondern auch eine Zeit intensiver Entwicklung für Kinder. Zusätzlich findet im Schlaf die Gedächtniskonsolidierung statt, bei der die Informationen, die über den Tag gesammelt wurden, stabilisiert und im Langzeitgedächtnis abgespeichert werden. Besonders im Kindesalter ist dieser Prozess entscheidend, um die intensive Lernaktivität zu unterstützen.1
Wie viel Schlaf braucht ein Kind?
Diese Frage beschäftigt viele Eltern. Der Schlafbedarf variiert von Kind zu Kind und hängt von Faktoren wie beispielsweise genetischer Veranlagung und Umwelt ab.3 Trotzdem bieten Fachgesellschaften wie die American Academy of Sleep Medicine aus den USA Richtwerte zur Orientierung:3, 4
Empfohlener Schlafdauer pro Tag für Kinder und Jugendliche
* nach National Sleep Foundation3
Realitätscheck: Wie lange schlafen deutsche Kinder?
Wie sieht es nun konkret in Deutschland aus? Laut der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen des Robert Koch-Institutes erreichen 81 Prozent der Kinder die von Fachgesellschaften empfohlene Schlafdauer.5 Bei Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren sinkt dieser Anteil jedoch auf 60 Prozent. Insgesamt schlafen Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 17 Jahren durchschnittlich 10 Stunden pro Tag. Mit zunehmendem Alter nimmt die Schlafdauer ab – von 13,9 Stunden bei unter Einjährigen auf 8 Stunden bei den 13- bis 17-Jährigen.5
Mittagsschlaf: Bis wann ist er normal?
Neben der nächtlichen Schlafdauer spielt auch der Mittagsschlaf eine wichtige Rolle im Alltag vieler Kinder. Vor allem bei jüngeren Kindern ist der Mittagsschlaf weit verbreitet. Laut Studien halten über 50 Prozent der Kinder bis drei Jahre ein regelmäßiges Mittagsschläfchen.1 Bei Vierjährigen sinkt dieser Anteil auf etwa 25 Prozent und ab dem fünften bis sechsten Lebensjahr nehmen nur noch 5 bis 8 Prozent der Kinder einen Mittagsschlaf.1 Empfehlungen der Arbeitsgruppe Pädiatrie der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) zum Mittagsschlaf im Kindergarten bietet ausführliche Informationen zum Thema.
Wenn der Schlaf zum Problem wird: Schlafstörungen bei Kindern – Ursachen und Lösungen
Schlafmangel kann bei Kindern und Jugendlichen ernsthafte Folgen haben. Kurzfristig kann er zu Konzentrationsproblemen führen. Langfristig erhöht Schlafmangel unter anderem das Risiko für Übergewicht, Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und eine schwache Immunfunktion.1, 3 Bis zu 20 Prozent der Kinder leiden an Schlafstörungen6, die beispielsweise durch künstliches Licht, Bewegungsmangel oder unregelmäßige Schlafzeiten verursacht werden können. Auch elektronische Geräte im Kinderzimmer sind problematisch, da ihr blaues Licht die Melatoninproduktion hemmt und die Schlafdauer verkürzt.2
Experten warnen in diesem Zusammenhang vor freiverkäuflichen Melatonin-Produkten, da deren Auswirkungen auf Kleinkinder noch wenig erforscht sind.7 Allerdings kann Melatonin bei bestimmten Gruppen, wie Kindern mit Autismus-Spektrum-Störung und ADHS, helfen, den Schlaf zu verbessern.
Warum autistische Kinder oft unter Schlafproblemen leiden
Bis zu 83 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit Autismus leiden unter Schlafstörungen, die oft bis ins Erwachsenenalter anhalten. Die Gründe für unruhigen Schlaf sind vielfältig und können die gleichen wie bei nicht-autistischen Kindern, wie z.B. künstliches Licht, Bewegungsmangel oder unregelmäßige Schlafzeiten, sein. Bei autistischen Kindern können jedoch auch spezifische sensorische Empfindlichkeiten, und andere autismusbedingte Herausforderungen wie ein nachweisbarer Melatonin-Mangel eine Rolle spielen. Erfahren Sie mehr über Schlafprobleme bei Kindern mit Autismus.6
Tipps für einen besseren Schlaf
Wie können Eltern ihren Kindern zu besserem Schlaf verhelfen? Um den Schlafbedarf von Kindern zu unterstützen, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) folgende Maßnahmen:1
- Regelmäßige Zubettgeh-, Aufsteh- und Essenszeiten
- Ausreichend Bewegung am Tag
- Bett nur zum Schlafen nutzen
- Schlafen oder Zubettgehen nicht als Strafe verwenden
- Kinder sollten abends nicht „überdreht“ sein
- Angenehme Schlafumgebung
- Nicht hungrig oder übersättigt ins Bett gehen
- Abendausklang und Schlafrituale durchführen
- Kein nächtliches Essen oder Trinken bei gesunden Säuglingen über 6 Monaten
- Kein helles Licht nachts
- Morgens am Tageslicht aufhalten
- Strukturierter Tagesablauf
Der Volksmund behält recht: Schlaf ist die beste Medizin – besonders für Kinder. Obwohl der Schlafbedarf sehr individuell sein kann, bieten Fachgesellschaften nützliche Richtwerte, an denen sich Eltern bei der Beurteilung orientieren können. Einfache Maßnahmen zur Schlafhygiene oder wiederkehrende Rituale wie kindergerechte Gutenachgeschichten können oft schon viel bewirken. Bei anhaltenden Problemen oder Unsicherheiten ist es jedoch wichtig, den Rat eines Kinderarztes oder Facharztes einzuholen.