– Von Matilda T. und Papa aus Leipzig –
Es war spät an einem warmen Sommerabend. Am dunklen Nachthimmel leuchtete bereits majestätisch der Mond und die Sterne funkelten hell wie Diamanten. Doch die kleine Lena lag noch immer wach und konnte nicht einschlafen, obwohl sie schon ziemlich müde war. Nach einem spannenden Tag im Zoo war sie aber viel zu aufgeregt, wälzte sich in ihrem Bett hin und her und beobachtete die Sterne durch das Fenster.
Plötzlich sah Lena ein grell glitzerndes Leuchten am Himmel. „Was ist das?“, dachte sie. „Ein seltsamer Stern?“
Die kleine Lena sprang aus ihrem Bett und stürzte zum Fenster, doch das Leuchten war verschwunden. Verwundert legte sie sich wieder hin. „Was war das bloß und wie soll ich jetzt noch einschlafen?“, fragte sich das Mädchen, als es auf einmal ein leises Schluchzen hörte, welches zu einem bitterlichen Weinen wurde. Lena machte das Licht an und schaute sich um. Da entdeckte sie es – das Weinen kam von diesem hellen Licht, das eben noch vor ihrem Fenster war und nun auf Brummbär, dem Lieblingsteddy ihres Bruders, saß.
Zögerlich trat Lena näher und traute ihren Augen nicht, als sie sah, was dort auf dem Bären hockte. Es war kein Stern – es war eine winzig kleine Fee in einem hübschen lila Kleid, mit bunten, glänzenden Flügeln und einer roten Rose in ihren goldenen Haaren. Traurig begrub sie ihr Gesicht in den Händen.
„Wer bist du denn?“, fragte Lena.
Die Fee blickte erschrocken nach oben.
„Warum weinst du? Hab keine Angst!“
Schüchtern antwortete die Fee: „Mein Name ist Melissa. Ich bin eine Traumfee aus dem Feenland. Ich bringe Kindern gute Träume und helfe denen, die nicht einschlafen können … aber das ist nun nicht mehr möglich!“
Der unglückliche Brunnen
Melissa erzählte, dass sie für ihre Arbeit Feenstaub aus einem magischen Brunnen im Feenreich braucht. Diesen bringt sie jeden Abend auf das Traumfeld, auf welchem sie durch magische Türen in die Zimmer der Kinder fliegt. Der Feenstaub bringt den Kleinen dann die schönsten Träume. Aber nun geht das nicht mehr. Der magische Brunnen hat seine Fröhlichkeit verloren und der Feenstaub ist nun verdorben – er würde den Kindern nur noch Albträume bringen.
„Ich weiß nicht, wie ich den Brunnen wieder glücklich machen kann“, beendete Melissa ihre Erzählung.
„Kannst du mir nicht helfen?“
„JA!“, antwortete Lena. „Und ich weiß auch schon wie! Lass uns gemeinsam aufbrechen und alle Kinder fragen! Kinder haben fröhliche Seelen – da finden wir bestimmt eine Lösung!“
Begeistert von dieser Idee nahm Melissa ihren Zauberstab aus einer Tasche an ihrem Kleid, schwang diesen dreimal auf und ab und schon war Lena genau so feenklein wie sie und hatte glitzernde Feenflügel. Gemeinsam flogen die beiden los – über Dächer, durch Wälder, über Wiesen, Seen und Berge bis ins Feenland.
Das Feenland war traumhaft schön! Lena bewunderte die saftig grünen Wiesen, auf denen Blumen wie bunte Lollis standen, die rosa Bäume mit ihren Früchten in allen Farben, die lila Wolken und die blaue Sonne, die ihr angenehm warm aufs Gesicht schien. Nur der magische Brunnen, von dem Melissa berichtet hatte, stand grau, betrübt und traurig da. Nicht einmal die lustigen Geschichten, mit denen Lena immer ihren kleinen Bruder erheiterte, konnten den Brunnen aufmuntern.
Spaß- und Rätseltüren auf dem Traumfeld
Deshalb machte sie sich sogleich gemeinsam mit der kleinen Fee auf zum Traumfeld. Dort standen zahlreiche Türen – kleine, große, breite, schmale. Einige hatten Ohren, andere witzige Münder und Nasen. Manche waren mit Fell überzogen und mussten gekrault werden, damit sie sich öffneten, andere waren mit rätselhaften Symbolen oder Blumen geschmückt.
Melissa und Lena flogen nacheinander durch jede einzelne der Türen, trafen auf viele Kinder und sammelten eine Menge großartiger Ideen. Einige waren so witzig, dass die beiden kaum aufhören konnten zu lachen. Das war ein riesiger Spaß! Den magischen Brunnen aber konnten die zwei damit nicht erheitern.
„Jetzt ist nur noch eine übrig.“, sagte Melissa und zeigte auf eine alte, rostige Metalltür, auf der ein seltsames Zeichen leuchtete.
„Sieht aus wie eine Rätseltür.“
Lena schaute sich das Symbol genau an, aber wusste nicht, was es bedeuten soll.
„So ein schweres Rätsel! Wir werden dem Brunnen seine Fröhlichkeit nie zurückbringen können!“, seufzte Melissa verzweifelt.
Lange saßen die beiden da und grübelten angestrengt… und grübelten… und grübelten…
Melissa fielen vor Müdigkeit langsam die Augen zu, als Lena plötzlich aufsprang!
„Ich hab‘s!!!“, rief sie aufgeregt. „Sieh nur! Die Türklinke! Da ist ein winziger Mund eingraviert und dahinter steht -Name-! Wir müssen also einen Namen sagen! Und schau auf das Symbol! Das sind doch Buchstaben!“
Die kleine Traumfee Melissa war auf einmal wieder hellwach.
„Genau!“, rief sie. „Das ist ein -M- … und hier ein -i-!“
„Und da ist ein -N- und ein -O-!“, sagte Lena.
Beide begannen voller Erwartungen gemeinsam zu sprechen: „MINO.“
Kaum hatten sie den Namen genannt, fingen die Buchstaben an bunt zu leuchten und die Tür sprang auf.
Hoffnungsvoll flogen Melissa und Lena hindurch und trauten ihren Augen kaum. Dort stand verzweifelt und hilflos ein kleiner Junge auf seinem Bett – mit zerzaustem, schwarzem Haar und einem lustigen Hut darauf – und vor ihm auf dem Boden… ein alter, klappriger Holzstuhl, der tanzte, sprang und hüpfte.
Der Zauberer Mino
Bei diesem Anblick konnten sich die kleine Fee und ihre neue Freundin vor Lachen kaum noch in der Luft halten, flogen gegeneinander und landeten schließlich auf dem Bett neben dem Jungen.
Als dieser die zwei entdeckte, sprudelte es sofort aus ihm heraus: „Oh, wer seid ihr denn? Ihr könnt mir aber sicher helfen! Mein Name ist Mino. Ich bin ein Zauberer. Naja, eigentlich noch kein richtiger. Also ich lerne noch. Aber ich kann schon ziemlich tolle Zaubersprüche. Ich habe gerade meinen Schwebezauber geübt! Leider ist irgendetwas schiefgelaufen und jetzt will dieser Stuhl nicht mehr aufhören zu tanzen… und ich weiß nicht, wie ich das rückgängig machen kann. Meine Eltern kann ich nicht fragen… eigentlich soll ich schon längst schlafen… und eigentlich darf ich allein gar nicht zaubern…ich bin ja noch ein Lehrling…“
„Wir helfen dir gern!“, unterbrach ihn Lena schließlich.
Und die kleine Traumfee Melissa berichtete von ihrem Abenteuer und dem Zauberbrunnen, der seine Fröhlichkeit verloren hatte.
„Und ihr glaubt, dass mein Stuhl euch dabei helfen kann?“, fragte Mino nachdenklich.
„Dann möchte ich ihn euch gerne schenken.“
Überglücklich und voller Zuversicht bedankten sich die Freundinnen und machten sich mit dem tanzenden Stuhl, der ihnen nun folgte, auf den Rückweg zum Brunnen.
Und was sagt der Brunnen dazu?
Als sie endlich angekommen waren und der magische Brunnen den Stuhl sah, begann er ein wenig zu schmunzeln. Der Stuhl tanzte und tanzte immer weiter, sprang über die grüne Wiese mit ihren Lolliblumen und stolperte dabei das ein oder andere Mal über seine eigenen Beine.
Da begann der Brunnen plötzlich lauthals zu lachen. So etwas hatte er noch nie gesehen. Er lachte so sehr, dass er sogar Freudentränen vergoss. Und auf einmal erstrahlte er in den schillerndsten Farben, bunt wie ein Regenbogen.
„Aufwachen! Komm schon du Schlafmütze! Wir wollen doch zu Oma fahren! AUFWACHEN!!!“
Unsanft wurde Lena von ihrem kleinen Bruder aus dem Schlaf gerissen. Die ersten Sonnenstrahlen schienen bereits durch ihr Fenster und kitzelten ihre Nase. „Dann war alles nur ein Traum?“, murmelte sie enttäuscht. Mühsam quälte sich Lena aus dem Bett und trottete ins Bad. Aus dem Spiegel blickte sie ihr müdes Gegenstück mit verschlafenen Augen an. Doch auf einmal war Lena hellwach. Auf ihrer Nasenspitze entdeckte sie etwas – winzig kleine Körnchen, glitzernd in den verschiedensten Farben. „FEENSTAUB!?!“