Die Weihnachtszeit steht vor der Tür – eine Zeit des Schenkens und der gemeinsamen Besinnung. Gerade Bücher sind wertvolle Geschenke, die Kinder nicht nur unterhalten, sondern auch fördern. Für autistische Kinder können passende Kinderbücher eine besondere Bereicherung sein. Sie bieten die Möglichkeit, sich mit Geschichten und Figuren zu identifizieren, Neues zu lernen und die eigene Perspektive besser zu verstehen.

In den letzten drei Jahrzehnten hat die Zahl der Kinderbücher über Autismus stark zugenommen1 – eine vielversprechende Entwicklung. Diese Bücher haben das Potenzial, Verständnis, Akzeptanz und Wertschätzung für Neurodiversität zu fördern. Doch bei der Auswahl sollten Eltern sorgfältig abwägen, welche Titel am besten zu den Bedürfnissen ihres Kindes passen.

Spiegel und Fenster: Die besondere Kraft von Kinderbüchern für autistische Kinder

Die Entscheidung für ein Buch als Weihnachtsgeschenk kann viel mehr bedeuten als reine Unterhaltung. Gerade Kinderbücher, die auf die Bedürfnisse und Perspektiven autistischer Kinder eingehen, bieten die Möglichkeit, etwas wirklich Besonderes zu schenken: Verständnis, Identifikation und Inspiration.

Kinderbücher mit autistischen Charakteren erfüllen dabei eine doppelte Funktion:1

  • Für autistische Kinder sind sie Spiegel, die ihre eigene Identität reflektieren und stärken können.

  • Für nicht-autistische Kinder sind sie wie Fenster in eine andere Lebenswelt. Sie ermöglichen Einblicke in die Perspektive autistischer Kinder, fördern Empathie und bauen Berührungsängste ab.

Sorgfältige Auswahl: Warum nicht jedes Buch geeignet ist1

Auch wenn Bücher über Autismus oder mit autistischen Protagonisten für Kinder eine gute Möglichkeit sein können, mehr über die eigene oder die Lebensrealität anderer zu erfahren, ist nicht gleich jedes Autismus-Buch die richtige Wahl. Eltern sollten bei der Auswahl besonders darauf achten, wie diese Geschichten Unterschiede darstellen. Viele Bücher konzentrieren sich auf autistische Interessen oder besondere Fähigkeiten, die oft als „Superkräfte“ beschrieben werden. Während dies zunächst positiv erscheint, birgt es die Gefahr, falsche Erwartungen zu wecken. Wenn der Wert einer Figur vor allem über außergewöhnliche Talente definiert wird, könnte dies den Eindruck erwecken, dass Akzeptanz nur durch herausragende Leistungen verdient ist – eine Botschaft, die nicht mit der Idee der Neurodiversität übereinstimmt.

Ebenso problematisch sind Bücher, die gut gemeinte, aber schädliche Botschaften vermitteln, indem sie autistische Charaktere als „anders“ oder „defizitär“ darstellen. Solche Inhalte können unbeabsichtigt dazu beitragen, Vorurteile zu verstärken. Daher ist es entscheidend, sorgfältig zu prüfen, welche Bücher eine wertschätzende Darstellung bieten. Es kann hilfreich sein, Rezensionen zu den Büchern genau zu lesen, sich mit anderen Eltern auszutauschen und, wenn möglich, das Buch vorab selbst zu lesen oder durchzublättern, bevor es dem Kind vorgelesen wird. Dies ermöglicht eine fundierte Entscheidung und hilft sicherzustellen, dass die Botschaften des Buches das Kind stärken und unterstützen.

Viele Bücher konzentrieren sich auf autistische Interessen oder besondere Fähigkeiten, die oft als „Superkräfte“ beschrieben werden.

Wo finde ich passende Bücher? Empfohlene Plattformen

Es gibt viele Plattformen, die Bücher über Autismus, Neurodiversität und weitere Themen rund um Entwicklung und Inklusion anbieten. Hier eine Auswahl:

  • Psychiatrie Verlag: Ein Verlag mit einem umfangreichen Angebot an Literatur zu neurodiversen Themen – von Kinderbüchern bis zu hilfreichen Ratgebern.

  • Autismusverlag (Schweiz): Besonders bemerkenswert ist, dass hier Menschen mit Autismus aktiv an der Produktion beteiligt sind.

  • Autistenhilfe.at: Diese Plattform bietet eine umfangreiche Sammlung von Literaturempfehlungen und Erfahrungen aus der Autismusgemeinschaft.

  • Verlag an der Ruhr: Dieser Verlag legt großen Wert auf inklusive und nachhaltige Inhalte. Besonders für Kinder mit besonderen Bedürfnissen ist hier eine große Auswahl zu finden.

  • Kinderbuch-Couch.de: Eine breit gefächerte Plattform für Kinderliteratur, die auch Bücher für neurodiverse Kinder umfasst. Hier finden sich zudem hilfreiche Rezensionen, die bei der Auswahl des passenden Buches unterstützen können.

Drei Buchempfehlungen: Geschichten, die inspirieren

Eule liest ein Buch: Buchempfehlungen für Kinder mit Autismus

Wir verstehen uns: Felix und Paula zeigen ihre Welt

Dieses einfühlsame Buch, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Autismus, erzählt die Geschichte von Felix und Paula. Es gewährt Einblicke in ihren Alltag zwischen Familie, Schule und Freundschaft und beleuchtet einfühlsam die Herausforderungen, die dabei immer wieder auftreten können. Es eignet sich hervorragend, um Empathie und Verständnis für autistische Perspektiven zu fördern – sowohl bei autistischen als auch nicht-autistischen Leserinnen und Lesern.

Ein Bär ist beim Lesen eines Kinderbuches eingeschlafen.

Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone

Dieses preisgekrönte Buch begleitet den autistischen Jungen Christopher auf seiner Reise durch eine oft verwirrende Welt. Die humorvolle und sensible Erzählweise lädt dazu ein, die Herausforderungen und Stärken autistischer Kinder besser zu verstehen.

Falscher Planet

Ein Buch mit tollen Illustrationen und einer authentischen Erzählweise, welches die Erfahrungen eines autistischen Kindes in einer oft überwältigenden Welt einfängt. Der Autor schreibt dabei aus eigener Perspektive als „Aspie“ und Vater von Kindern im autistischen Spektrum.

Ein besinnlicher Abschluss

Die richtige Kinderliteratur kann Türen öffnen – für Verständnis, Akzeptanz und eine wertschätzende Wahrnehmung von Neurodiversität. Nutzen Sie die Weihnachtszeit, um Bücher zu verschenken, die Kinder, aber auch Erwachsene inspirieren und stärken.

Wir wünschen Ihnen und Ihrer Familie eine friedliche Weihnachtszeit voller wertvoller Lesemomente.

  1. Venker, C. E., & Lorang, E. (2024). A commentary on children’s books about autism: What messages do they send about neurodiversity? Autism Research, 17(3), 452–458. https://doi.org/10.1002/aur.3081

Zuletzt aktualisiert am 04.12.2024