Diagnose und Therapie
Autismus-Diagnose und Autismus-Therapie – Das Wichtigste für Eltern und Betroffene
„Mein Kind hat Autismus!“ Eine Autismus-Diagnose und eventuelle Autismus-Therapie ist eine Herausforderung der besonderen Art. Gerade bei der Diagnose Autismus bei Kindern sehen sich Eltern mit unbekannten Herausforderungen konfrontiert und müssen plötzlich weitreichende Entscheidungen über die Zukunft ihrer Kinder treffen. Eine Autismus-Diagnose für Erwachsene kann neue Perspektiven für bisher Unverstandenes bringen. In jedem Fall – die Diagnose Autismus ist ein erster Schritt auf dem Weg zu Verständnis und Unterstützung.
Wichtig zu wissen: Autismus umfasst ein breites Spektrum neurologischer Entwicklungsauffälligkeiten, daher spricht man auch von einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS). Jede Ausprägung unterscheidet sich, jede betroffene Person hat individuelle Bedürfnisse. Das Konzept der Neurodiversität etwa betrachtet Autismus-Spektrum-Störungen nicht als krankhaft, sondern als eine individuelle Form des Denkens – ein auch in der Wissenschaft viel beachtetes Konzept.1
Inhaltsverzeichnis // Lesedauer: ca. 10 min
Autismus-Spektrum-Störung: Diagnose
Autismus-Symptome erkennen und aktiv werden
Bei Kindern bemerken meist Eltern oder Erzieherinnen und Erzieher erste Auffälligkeiten, wenn es Probleme beim Spracherwerb gibt. Obwohl Experten eine Abklärung erst nach dem ersten Lebensjahr empfehlen, können die frühesten Anzeichen oft schon bei Säuglingen beobachtet werden – beispielsweise, wenn das Kind keinen Blickkontakt herstellt oder nicht auf direkte Ansprache reagiert.2 Je früher eine Diagnose erfolgt, desto eher ist eine Förderung möglich.
Von ICD-10 zu ICD-11
Durch die ICD-Klassifizierungen 3 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist es möglich, weltweit Krankheiten und Gesundheitsprobleme eindeutig zu klassifizieren. Bis 2022 wurde die Diagnose Autismus nach ICD-10 erstellt. Dabei unterschied man die Formen frühkindlicher Autismus, Asperger-Autismus (auch Asperger-Syndrom genannt) und atypischer Autismus. Frühkindlicher Autismus wurde vor allem durch eine Verzögerung der kognitiven Entwicklung sowie der Sprachentwicklung zum Asperger-Syndrom abgegrenzt. Doch die Übergänge sind fließend und die Einteilung lieferte wenig nutzbare Vorhersagen. Inzwischen ist ICD-10 durch ICD-11 abgelöst.
Die ICD-114 unterscheidet fünf Formen von Autismus-Spektrum-Störungen anhand Intelligenzentwicklung und funktioneller Sprache. Bis hierzulande der Übergang zu ICD-11 auf allen Ebenen erfolgt ist, werden wahrscheinlich noch einige Jahre vergehen.
Autismus Diagnose bei Kindern
Ihr Kind zeigt Auffälligkeiten, zum Beispiel im sozialen und kommunikativen Verhalten? Leider gibt es bisher keine klinischen Autismus-Tests, wie Blut- oder Urintests. Eine ärztliche Diagnose einer Autismus-Spektrum-Störung bei Kindern sieht üblicherweise folgendermaßen aus:5
Autismus Diagnose bei Erwachsenen
Das Modul 4 des ADOS-2 ist speziell für Erwachsene entwickelt und beinhaltet angepasste Fragen und Aufgaben. Allerdings wird in den derzeit noch gültigen S3-Leitlinien aufgrund fehlender Studien noch keines der verfügbaren standardisierten diagnostischen Interviews für den Einsatz im Erwachsenenalter empfohlen. Es gibt auch keine konkreten Zahlen zur Diagnose von Autismus bei Erwachsenen in Deutschland oder zu deren Entwicklung in den letzten 20 Jahren.
In neuerer Zeit gibt es verschiedene Ansätze, die Autismus-Diagnose mithilfe moderner Techniken wie Künstlicher Intelligenz (KI) zu verbessern.
FAQ Diagnose Autismus
Autismus-Spektrum-Störung: Therapie
Welche Therapie bei Autismus-Spektrum-Störung passend ist, hängt von vielen Faktoren ab, wie Alter, Fähigkeiten und spezifischen Bedürfnissen. Über eine angemessene Therapie bei Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen oder von Autismus bei Erwachsenen entscheiden die Betroffenen oder die für sie Verantwortlichen zusammen mit Ihren ärztlichen Ansprechpartnern.
Autismus-Therapie: Methoden aus der Psychotherapie
Die wesentlichen Symptome von Autismus betreffen zwei Bereiche: soziale Interaktion und Kommunikation einerseits sowie eingeschränkte, sich wiederholende Verhaltensweisen und Interessen andererseits.7 Beide Bereiche sind über die Lebensspanne hinweg eingeschränkt. Die Therapie zielt darauf ab, altersgerechte Fähigkeiten in den Bereichen soziale Interaktion, Kommunikation und funktionale Verhaltensweisen zu entwickeln. Besonders bei jüngeren Kindern liegt der Fokus auf dem systematischen Aufbau dieser Fähigkeiten. Bei der Autismus-Therapie für Kinder ist es daher wichtig, so früh wie möglich mit der Therapie zu beginnen7.
Für autistische Erwachsene, die ausreichende kommunikative Fähigkeiten aufweisen, werden Gruppentherapien über 3 bis 6 Monate mit 6 bis 8 Teilnehmenden empfohlen. Inhalt ist das Besprechen von Alltagssituationen, Training von Small Talk, Gesprächstechniken und Kontaktaufnahme und der Umgang mit Stress, Emotionen und Konflikten.7
Die Wahl der Therapie hängt tatsächlich stark von der Art des Autismus und den individuellen Bedürfnissen der betroffenen Person ab. Legt man die frühere Autismus-Einteilung zugrunde, so gibt es zwei Richtungen:7
Autismus-Therapie: Einsatz von Medikamenten
Der Einsatz von Medikamenten erfolgt bei Autismus in der Regel nur zur Behandlung von Begleitstörungen oder Verhaltensproblemen. Zum Beispiel leiden autistische Kinder und Erwachsene häufig an erheblichen Schlafstörungen. Hier kann mit gutem Erfolg Melatonin eingesetzt werden.
Die S3-Leitlinie zu Autismus-Spektrum-Störungen – Teil 2 ist die „Leitlinie“ zur Autismus-Therapie.7 Sie liegt in einer aktuellen Fassung von 2021 vor.
Autismus Therapie beantragen
Eine Autismus-Therapie für Sie oder Ihr Kind müssen Sie zunächst beantragen. So könnten Sie vorgehen:
- 1
Diagnose einholen: Lassen Sie eine offizielle Autismus-Diagnose von einer Fachärztin oder einem Facharzt bzw. einer Psychologin oder einem Psychologen erstellen.
- 2
Ärztliche Empfehlung: Besprechen Sie die geeignete Autismus-Therapie und lassen Sie sich eine Überweisung oder ein Rezept ausstellen.
- 3
Antrag bei der Krankenkasse: Reichen Sie die Diagnose und die ärztliche Empfehlung bei Ihrer Krankenkasse ein und beantragen Sie die Kostenübernahme.
- 4
Therapeuten suchen und Therapie beginnen: Finden Sie eine geeignete Praxis oder Einrichtung, die Autismus-Therapien anbieten, und beginnen Sie nach Genehmigung durch die Krankenkasse mit der Autismus-Therapie.
Das Autismus-Portal Autismus-spektrum.com stellt eine Liste von Autismus-Therapie-Zentren in Deutschland bereit, sortiert nach Bundesländern.
Anlaufstellen
Weitere Informationen zur Autismus-Diagnose und Therapie finden Sie zum Beispiel bei einem spezialisierten Autismus-Therapie-Zentrum und bei lokalen Autismus-Gesellschaften. Diese bieten auch Auskünfte zur Autismus-Diagnostik in der Nähe und Schulungen sowie Hilfe für Angehörige und weitere Unterstützung an, um den Umgang mit der Diagnose zu erleichtern.
Ein Verzeichnis von Selbsthilfegruppen finden Sie zum Beispiel auf der Website Selbsthilfenetzwerk Autismus.