Guter Schlaf ist unbezahlbar – und schon gar nicht für 49,99 Euro beim Onlineversandhandel zu haben. Dennoch setzen immer mehr Menschen auf technische Helfer wie Apps, Gewichtsdecken oder intelligente Schlafroboter, um Schlafprobleme in den Griff zu bekommen.1 Auch für Eltern autistischer Kinder, die mit besonderen Herausforderungen wie Einschlafproblemen, unruhigem Schlaf oder häufigem Aufwachen konfrontiert sind, könnten solche Lösungen potenziell eine Entlastung bieten.
Die wachsende Beliebtheit dieser „Schlaf“-Produkte, zeigt sich nicht nur in ihrer steigenden Verbreitung, sondern auch in den Zahlen: Das Marktforschungsinstitut Global Market Insights schätzt, dass die weltweiten Ausgaben für technische Schlafhilfen in den nächsten fünf Jahren auf bis zu 27 Milliarden US-Dollar ansteigen könnten.1 Doch wie nützlich sind diese Hilfsmittel tatsächlich, und worauf sollten Eltern autistischer Kinder achten, bevor sie sie in den Alltag integrieren?
Chancen und Risiken – die Welt der technischen Schlafhilfen
Schlafhilfen bieten vermeintlich spannende Möglichkeiten, um den Schlaf zu fördern. Ob eine beruhigende Gewichtsdecke für ein erleichtertes Einschlafen oder eine App zur umfassenden Schlafanalyse – die Aussagen der Hersteller scheinen oft sehr vielversprechend. Allerdings birgt eine Vielzahl dieser Produkte auch Risiken. Viele Geräte sind nicht wissenschaftlich geprüft, und ihre Wirksamkeit ist oft fraglich.2
Allerdings birgt eine Vielzahl dieser Produkte auch Risiken. Viele Geräte sind nicht wissenschaftlich geprüft, und ihre Wirksamkeit ist oft fraglich.
Bewährte Technik: Medizinprodukte vs. ungetestete Lösungen
Ein entscheidender Faktor bei der Wahl technischer Schlafhilfe ist die Unterscheidung zwischen geprüften Medizinprodukten und ungetesteten Alternativen. Medizinprodukte wie beispielsweise die somnio-App wurden speziell für die Behandlung von Schlafstörungen entwickelt und durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bewertet.3 Als eine sogenannte Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) erfüllt sie strenge medizinische und wissenschaftliche Standards, um ihre Sicherheit und Wirksamkeit zu gewährleisten. Außerdem basieren Apps wie somnio auf verhaltenstherapeutischen Ansätzen und haben sich als effektive Unterstützung bei Schlafstörungen wie Insomnie bewährt.
Derartige Anwendungen sind sogar als „App auf Rezept“ erhältlich. Das bedeutet, dass sie nach ärztlicher Verordnung von der Krankenkasse übernommen werden können. Dies bietet Eltern eine verlässliche Möglichkeit, technische Hilfsmittel sicher und gezielt einzusetzen – ein klarer Vorteil gegenüber ungetesteten Lösungen, bei denen die Wirksamkeit oft fraglich bleibt.
Das DiGA-Verzeichnis: Eine sichere Orientierung
Das DiGA-Verzeichnis, das von den Krankenkassen unterstützt wird, bietet eine verlässliche Quelle für geprüfte digitale Gesundheitsanwendungen. Hier finden Eltern zugelassene Apps, die fundierten medizinischen und wissenschaftlichen Standards entsprechen. Während es aktuell keine speziell für Autismus entwickelten Anwendungen gibt, stehen bereits erste Optionen für den Bereich „Schlaf“ zur Verfügung.
Beliebte Hilfsmittel im Überblick
Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) hat verschiedene Schlafhilfen untersucht und ihre Wirksamkeit bewertet:7
Gewichtsdecken: Diese schweren Decken üben sanften Druck auf den Körper aus, der beruhigend wirken kann. Studien deuten darauf hin, dass sie bei Angststörungen oder ADHS helfen können, auch wenn der Effekt auf den Schlaf individuell unterschiedlich ist.
Einschlafroboter: Geräte, die durch rhythmisches Licht oder Klang die Atmung beeinflussen, können in manchen Fällen entspannend wirken. Doch sie sind keine medizinischen Produkte und ersetzen keine Therapien. Diese Einschätzung teilt unter anderem die DGSM.
Sleeptracker & Smartwatches: Solche Geräte analysieren Schlafmuster anhand von Bewegungen und Puls. Ihre Ergebnisse sind jedoch oft ungenau und sollten nicht als Grundlage für Diagnosen verwendet werden. Auch hier warnt die DGSM davor, sich auf diese Gadgets zu verlassen, da sie lediglich orientierende Daten liefern und keine medizinische Analyse ersetzen können.
Lichtmetronome: Diese Geräte senden rhythmische Lichtimpulse aus, die dazu beitragen sollen, die Atmung zu verlangsamen und eine entspannende Wirkung zu erzielen. Auch wenn sie als Einschlafhilfen gedacht sind, fehlen wissenschaftliche Studien, die ihre Wirksamkeit belegen. Die DGSM rät daher zu einer kritischen Betrachtung.
Fazit: Technik als Chance, aber mit Bedacht
Technische Schlafhilfen können eine sinnvolle Ergänzung sein, um den Schlaf autistischer Kinder zu fördern – vorausgesetzt, sie werden bewusst und in Absprache mit Fachleuten eingesetzt. Medizinisch geprüfte Lösungen oder andere im DiGA-Verzeichnis gelistete Anwendungen bieten Eltern eine sichere Option. Gleichzeitig sollten Erwartungen an ungetestete Produkte realistisch bleiben.
Die Auswahl an technischen Hilfsmitteln wächst stetig, nicht zuletzt durch den enormen Fortschritt im Bereich der Künstlichen Intelligenz. KI-gestützte Technologien eröffnen völlig neue Möglichkeiten, personalisierte und effektive Lösungen für Schlafprobleme zu entwickeln. Es bleibt spannend, ob diese Fortschritte künftig auch speziell auf die Bedürfnisse von autistischen Kindern zugeschnittene Hilfsmittel hervorbringen werden.
Für Eltern ist es entscheidend, Technik als ergänzende Hilfsmittel zu sehen, nicht als alleinige Lösung. In Kombination mit festen Schlafroutinen, einer sicheren Schlafumgebung und der gezielten Anwendung von Melatonin unter ärztlicher Aufsicht kann innovative Technologie jedoch ein wertvoller Baustein für besseren Schlaf sein.